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Aus der Firmengeschichte von Körting & Mathiesen
(aus dem Kandem-Jubiläumskatalog 1939)

Verwaltungsgebäude von Körting & Mathiesen         Die Firma Körting & Mathiesen wurde am 1. August 1889 als offene Handelsgesellschaft von Max Körting und Wilhelm Mathiesen gegründet. Mathiesen war bis 1889 bei der Firma Schumann & Köppe verblieben und ging ernstlich mit dem Gedanken um, sich selbstständig zu machen. Körting war schon 1888 als Direktionsassistent zur Firma Mey & Co., Leipzig, gegangen, trug sich jedoch ebenfalls mit Plänen der Gründung einer eigenen Firma. Die Aussprachen über diese Ideen führten mehr und mehr dazu, sich dem Gebiet der elektrotechnischen Kleinmaterialien zuzuwenden, wobei beiden Teilen besonders der Gedanke interessant war, auch Bogenlampen zu bauen, um so mehr, als Wilhelm Mathiesen an einer Bogenlampen-Neukonstruktion arbeitete und sich viel davon versprach. Er verließ damit seinen ursprünglichen Gedanken der Gründung einer Werkzeugmaschinenfabrik.
     Das Kapital betrug 13000 Mark und wurde von der Familie Max Körtings aufgebracht. Körtings Mutter stellte damals in uneigennütziger Weise dem Sohn ihr ihr gesamtes Vermögen zur Verfügung. Ende des Jahres 1899 gelang es, eine brauchbare Bogenlampe in Gestalt des ersten Modells A auf den Markt zu bringen. Zu Weihnachten konnten die ersten 12 Bogenlampen geliefert werden. Der Verkauf dieser ersten 12 Bogenlampen ging derart glatt vonstatten, dass die Lampen größtenteils indirekt von den Konkurrenzfirmen, die sich über die neue Bogenlampe informieren wollten, gegen Vorauszahlung des vollen Betrages bestellt worden waren.
     Die erste Entwicklung der Firma fiel in die Zeit einer gewissen wirtschaftlichen und politischen Festigung nach vorangegangenen Erschütterungen. Der glückliche Ausgang des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 und die Gründung des deutschen Kaiserreiches hatten einen ungeheuren wirtschaftlichen Aufschwung mit sich gebracht, der jedoch 1873 infolge seines ungesunden Aufbaues zu einem Zusammenbruch führte. Der Wiener Bankkrach 1873 war das äußere Zeichen dieses Niederganges. Die oft spekulative, nicht gefestigte Konjunktur der "Gründerjahre" wirkte 1889 noch in vieler Hinsicht nach, sodass solide Geschäfte nur mit größter Vorsicht aufgebaut werden konnten. War es doch noch nicht lange her, dass im Überschwang des Geldverdienens die Maurer und Steineträger in der Droschke und mit Zylinderhut zum Bau fuhren.
     Das große Zeitalter der Erfindungen und der industriellen Entwicklung hatte seit einem Jahrhundert begonnen und, vor allem in den westlichen europäischen Ländern, schon damals zu großem industriellem Unternehmungsgeist geführt. Textil-Industrie, Eisen-Industrie usw. waren entstanden und die elektrotechnische Industrie als jüngstes Betätigungsfeld war im Werden. Zwar gab es damals schon eine große Anzahl elektrotechnischer Firmen, aber die Entwicklung steckte noch derartig in den Kinderschuhen, dass für viele, die mit Zielbewusstheit, Fleiss und Energie Entwicklungsarbeit förderten, Möglichkeiten des Aufstiegs vorhanden waren.
     Weihnachten 1893 zog die Firma mit etwa 40 Möbelwagen nach Leutzsch in das neue Gebäude, das auf einen Personalstand von etwa 100 Leuten zugeschnitten war. Leutsch war damals noch ein stilles Dörfchen ganz eigenen Gepräges. Sein Geltungsbedürfnis und sein Drang nach unbedingter Selbstständigkeit gegenüber dem schon großen Leipzig führte zu bewusster und planvoller Abschließung. So war auch nichts vorhanden, was irgendiwe eine verkehrstechnische Erleichterung des Umzuges hätte herbeiführen können, sondern Leutzsch war ein in sumpfige Wälder und Wiesen eingebettetes Auendorf, das noch jedes Jahr von Überschwemmungen und Verkehrsschwierigkeiten bedroht wurde. Trotz dieser äußerlichen Eigenart war Leutzsch nicht ohne geschichtliche Tradition und hatte ein sehr lebendiges geistiges Gepräge durch einzelne alteingesessene Familien.
K & M-Fabrikkomplex in Leipzig-Leutzsch          Das für K. & M. vor allem durch den Umzug und die Vergrößerung bedeutungsvolle Jahr hatte überall sehr zuversichtliche Stimmung gebracht, die sich ganz besonders in der Feier der Herstellung der 10000. Bogenlampe ausdrückte. Die Haupttätigkeit von K. & M. in den nächsten Jahren lag auf dem Gebiet der technischen Bogenlampen-Neuerungen, denn wenn auch die bereits durchgebildeten Modelle funktionierten, so stellten sie doch keineswegs etwas Endgültiges dar.
Der technische Aufgabenkreis wuchs gewaltig, und die sprunghafte allgemeine Entwicklung brachte zunehmende Wünsche der Abnehmer. Man befand sich völlig auf technischem Neuland und musste durch systematische, theoretisch-wissenschaftliche Arbeit versuchen, die Grundlage für neue, verbesserte, den Wünschen der Käufer angepasste Modelle zu schaffen.
     Zum Bau der normalen Bogenlampen für Beleuchtungszwecke trat im Jahre 1897 der Bau von Bogenlampen-Scheinwerfern hinzu. Zunächst waren dies kleinere Geräte für die Beleuchtung von Bühnen und zur Erzielung besonderer Effekte bei Vorführungen im Theater usw.. Das erste Scheinwerfer-Modell KL war ein kleiner Scheinwerfer für Stromstärken von 10-30 Amp. nit einer Brenndauer von 3-4 Stunden. Es wurde mit einem automatischen Hauptstrom-Regulierwerk geliefert, bei dem auch die Bildung des Lichtbogens selbsttätig erfolgte, oder in einer zweiten Ausführung, bei der die Bildung des Lichtbogens von Hand vorgenommen werden konnte. Die Kohlenstifte waren horizontal angeordnet. Die neagtive Kohle ging durch den Spiegel hindurch. Der Spiegel aus Neusilber war von außen verstellbar angeordnet, um verschiedene Lichtfeldgrößen zu erzielen. Schon bald machte es sich nötig, ein größeres Scheinwerfer-Modell für Stromstärken bis zu 40 Amp. durchzubilden. Bei diesem Gerät wurde auf wetterfeste Ausführung Wert gelegt, da dieser Scheinwerfer in erster Linie für den Außenbetrieb Verwendung finden sollte.(...)
     Nunmehr wurde aber auch der Bau von Groß-Scheinwerfern für die Kriegsmarine aufgenommen, und zwar wurde zunächst der K. & M.-Scheinwerfer Mod. MS entwickelt. Dieser hatte einen Parabol-Glassilberspiegel von 60cm Durchmesser und war den Vorschriften der Kriegsmarine entsprechend ausgebildet. Die Entwicklung dieser Groß-Scheinwerfer für die Marine ging weiter. Im Jahre 1912 wurde ein solcher Scheinwerfer mit einem Spiegel von 110 cm Durchmesser und für 150 Amp. hergestellt. Dazu wurden Abschlussgläser, Irisblenden, Doppelstreuer usw. entwickelt.
     Das Scheinwerfer-Modell für den Suezkanal ist hervorgegangen aus dem vorhandenen Scheinwerfer MJ 450. Er war ausgerüstet mit einem Abschlussglas mit einem anklappbaren Normal-Streuer und einem anklappbaren Suez-Streuer. Der erste Suezkanal-Scheinwerfer wurde im Jahre 1913 an die Union Electric Co. in London geliefert. Auch die Arbeiten auf dem Gebiet des Groß-Scheinwerferbaus wurden weiterbetrieben (Zusammenarbeit mit Heinrich Beck).
     Nach dem unglücklichen Ausgang des Krieges mussten auch bei K. & M. alle Einrichtungen und Unterlagen für die Herstellung von Groß-Scheinwerfern vernichtet werden. Nicht mit vernichten aber konnte man die Erfahrungen und die Gedanken der im Scheinwerferbau beschäftigten Mitarbeiter, sowohl im Konstruktionsbüro als auch im Betrieb. Als daher im Jahre 1933 das Dritte Reich geschaffen wurde und sich zwei Jahre später seine Wehrhoheit wiederherstellte, ging man bei K. & M. sofort wieder daran, den Bau von Groß-Scheinwerfern aufzunehmen. Die Erfahrungen und die Kenntnisse der alten Mitarbeiter aus der Zeit vor und während des großen Krieges konnten von neuem wieder auf diesem Spezialgebiet angesetzt werden, und so gelang es in sehr angestrengter Arbeit, auf Grund neuer Versuche in verhältnismäßig kurzer Zeit wieder Körting-Scheinwerfer herzustellen, die den neuesten Anforderungen gerecht werden.

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